Bauliche Veränderungen in der WEG sind für Wohnungseigentümer:innen ein wichtiges Thema – und häufig auch ein streitiges. Es kann vorkommen, dass sich Miteigentümer:innen nicht einig über die bauliche Veränderung an sich oder auch über die Kostenverteilung dieser sind. Bei baulichen Veränderungen geht es um Maßnahmen, die am Gemeinschaftseigentum vorgenommen werden, aber nicht zur Erhaltung des Eigentums dienen.
In diesem Beitrag wird erläutert, was genau unter baulichen Veränderungen zu verstehen ist und wie sie von anderen Maßnahmen abzugrenzen ist, was Eigentümer:innen im Rahmen der baulichen Veränderungen überhaupt machen dürfen und wie die genaue Kostenverteilung aussieht.
- Bauliche Veränderungen sind gemäß 20 Abs. 1 WEG definiert. Solche Veränderungen beschreiben Maßnahmen, die über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen.
- Bauliche Veränderungen werden in drei verschiedene Kategorien unterteilt: Die energetischen Sanierungsmaßnahmen, die privilegierten Maßnahmen und Substanzeingriffe in die Immobilie.
- Bauliche Veränderungen sind trotz positiven Beschluss anfechtbar, wenn die Wohnanlage dadurch grundlegend verändert wird oder Miteigentümer:innen unbillig benachteiligt
Definition von baulichen Veränderungen
Bauliche Veränderungen sind gemäß § 20 Abs. 1 WEG definiert. Solche Veränderungen beschreiben Maßnahmen, die über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen. In der Regel handelt es sich hier um eine langfristige Umgestaltung eines Gegenstandes, welches das Erscheinungsbild der Wohnanlage verändert. Erhaltungsmaßnahmen (also Instandhaltungsmaßnahmen und Instandsetzungen) sind keine baulichen Veränderungen. Diese Maßnahmen gehören zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Immobilie.
Beispiele für bauliche Veränderungen
Der Unterschied zwischen einer Erhaltungsmaßnahme und einer baulichen Veränderung ist nicht immer klar. Die Reparatur eines kaputten Dachs oder auch kaputte Fenster auszutauschen, gelten zum Beispiel nicht als bauliche Veränderung, sondern als Erhaltungsmaßnahmen. Bauliche Veränderungen werden in drei verschiedene Kategorien unterteilt: Die energetischen Sanierungsmaßnahmen, die privilegierten Maßnahmen und Substanzeingriffe in die Immobilie. Um zu verdeutlichen, welche Maßnahmen unter welche Kategorie fallen, sind hier einige Beispiele:
- Energetische Sanierungsmaßnahmen: Modernisierungsmaßnahmen der Heizungsanlage; Dämmungsmaßnahmen; Erneuerung von Fenstern; Einbau von neuen (energiesparenden oder klimafreundlichen) Heizungsanlagen
- Privilegierte Maßnahmen ( 20 Abs. 2 WEG): Barrierefreiheit sichern (Personenaufzug oder Treppenlift, sofern kein sonstiger barrierefreier Zugang besteht); Installation von Ladestationen für Elektroautos; Einbruchschutz; Anschluss an hocheffektive Telekommunikationsnetze
- Substanzeingriffe in die Immobilie: Balkonanbau oder -verglasung; Wanddurchbrüche; Anbringen einer Marquise
Rechtliche Grundlagen & Grenzen der baulichen Veränderung
Wenn eine Miteigentümer:in eine bauliche Veränderung vornehmen möchte, muss sie diese bei einer Eigentümerversammlung vorstellen. Im Anschluss muss über die Durchführung der baulichen Veränderung abgestimmt werden.
Vorher kann die Eigentümer:in jedoch schon überprüfen, ob die bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend verändern würde oder Miteigentümer:innen unbillig benachteiligt werden würden. Sollte einer der beiden Fälle zutreffen, kann in einem Beschluss immer noch für eine Durchführung gestimmt werden, jedoch ist der Beschluss dann anfechtbar.
Bei baulichen Veränderungen gibt es also zwei wichtige Grenzen:
- Die Wohnanlage darf nicht grundlegend verändert werden.
- Miteigentümer:innen dürfen nicht unbillig benachteiligt werden.
Was versteht sich unter einer grundlegenden Veränderung der Wohnanlage?
Bei der grundlegenden Veränderung der Wohnanlage wird der frühere Zustand einer Immobilie so verändert, dass er nicht als Instandhaltung angesehen wird. Eine solche Veränderung liegt vor, wenn zum Beispiel, wenn die charakterliche Gestaltung der Immobilie sich unverhältnismäßig stark verändert.
Wann wird eine Miteigentümer:in unbillig benachteiligt?
Von einer unbilligen Benachteiligung wird gesprochen, wenn eine Eigentümer:in von einer baulichen Veränderung so benachteiligt wird, dass ihre Wohnungseigentumsrechte stärker eingeschränkt werden, als die der Eigentümer:in, die die bauliche Veränderung beantragt hat.
Zustimmung zu baulicher Veränderung in der WEG
Mit der WEG-Reform in 2020 gab es einige Änderungen hinsichtlich der erforderlichen Zustimmungen zu baulichen Veränderungen. Vor der Reform galt, dass alle Eigentümer:innen innerhalb einer WEG der Veränderung zustimmen mussten. Laut § 20 WEG gilt nun aber Folgendes:
- Bauliche Beschlüsse können mit einer einfachen Stimmenmehrheit beschlossen werden**.**
- Privilegierte Maßnahmen können ohne Mehrheit verlangt werden.
Das bedeutet aber nicht, dass bauliche Maßnahmen ohne Beschluss erfolgen dürfen. Jede bauliche Veränderung muss in einer Eigentümerversammlung per Beschluss festgehalten werden, bevor sie umgesetzt werden darf.
Wichtig: Damit über eine bauliche Maßnahme im Rahmen der Eigentümerversammlung abgestimmt werden kann, muss die entsprechende Abstimmung und eine Beschlussvorlage im Vorfeld bei der WEG-Verwaltung eingereicht werden. Abstimmung sind nur dann möglich, wenn diese auf der Tagesordnung aufgeführt sind. Nach erfolgreichem Voting wird der gefasste Beschluss in der Beschlusssammlung der Gemeinschaft festgehalten.
Privilegierte Maßnahmen zur baulichen Veränderung
Bei baulichen Veränderungen gibt es Maßnahmen, die als privilegiert definiert wurden. Privilegierte Maßnahmen benötigen kein mehrheitliches Zustimmen, da alle Eigentümer:innen auf solche einen rechtlichen Anspruch haben. Laut § 20 WEG Absatz 2 wie folgt definiert sind privilegierte Maßnahmen jegliche Änderungen, die:
- dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
- dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (E-Ladesäulen oder Wallboxen),
- dem Einbruchsschutz und
- dem Anschluss an das Glasfasernetz
dienen. Sobald eine bauliche Veränderung in einer dieser Kategorien fällt, muss eine Eigentümer:in keine Mehrheit zur Zustimmung erlangen. Sie muss hier jedoch zwingend die Kosten der Maßnahme und etwaiger Folgen selbst tragen.
Anfechtbarkeit von Beschlüssen über bauliche Maßnahmen
Beschlüsse zu baulichen Veränderungen, die in einer Eigentümerversammlung (kurz ETV) getroffen wurden, können angefochten werden. Dafür müssen eine oder beide der Kriterien erfüllt werden: Durch die Maßnahme kommt es zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage oder Eigentümer:innen würden durch die Maßnahme unbillig benachteiligt werden.
Ob Eigentümer:innen unbillig benachteiligt werden, ist in der Regel nicht einfach und wird daher vor Gericht entschieden. Sollte eine Anfechtung erfolgreich sein, oder eine Maßnahme ohne Zustimmung erfolgt sein, können Miteigentümer:innen verlangen, dass die Maßnahme wieder rückgängig gemacht wird. Das Recht hierauf verjährt nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Kenntnisnahme der Veränderung.
Kostenverteilung bei baulicher Veränderung in der WEG
Generell gilt zunächst, dass die Kosten einer baulichen Veränderung von der Eigentümer:in getragen werden muss, die die Maßnahme beantragt hat (§ 21 Abs. 1 WEG). Gemäß Absatz 2 kann aber auch der Fall eintreten, dass alle Eigentümer:innen anteilig die Kosten mittragen. Das ist vorwiegend dann der Fall, wenn auch alle Eigentümer:innen die Änderung benutzen könnten.
Hierbei gilt jedoch auch, dass die entstehenden Kosten nicht unverhältnismäßig hoch sein dürfen. Für eine Kostenübernahme aller Eigentümer:innen gilt darüber hinaus, dass der Beschluss mit mehr als zwei Dritteln und der Hälfte aller Miteigentumsanteile entschlossen worden sein muss. Bei einfach mehrheitlich beschlossenen Veränderungen werden die Kosten ebenfalls von allen Miteigentümer:innen getragen, sofern sich die Kosten in einem angemessenen Zeitraum amortisieren.
Bauliche Maßnahmen in einer WEG
Neben baulichen Maßnahmen in einer WEG (Wohnungseigentümergemeinschaft) gibt es noch andere Maßnahmen, die verschieden kategorisiert werden:
- Instandhaltung bzw. Instandsetzung
- Modernisierende Instandhaltung/Instandsetzung
- Modernisierung
- Bauliche Veränderungen
Alle Kategorien unterscheiden sich in wichtigen Punkten voneinander.
Art der Maßnahme | Entsprechende Maßnahmen |
---|---|
Instandhaltung/Instandsetzung | Arbeiten, um vorhandene Objekte in funktionsfähigen Zustand zu erhalten bzw. zurückzuversetzen; Werden durch eine einfache Mehrheit beschlossen; Hierfür bildet die WEG Instandhaltungsrücklagen, welche als Teil des Hausgeldes monatlich abgeführt und durch die Hausverwaltung verwaltet werden |
Modernisierende Instandhaltung | Arbeiten, um Anlagen auf einen technisch aktuellen Stand zu bringen; Werden durch eine einfache Mehrheit beschlossen |
Modernisierung | Verbesserungen des technischen Zustandes und steigern mit ihrer Durchführung den Wert der Immobilie; Modernisierungen können durch eine (doppelte) qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden |
Bauliche Veränderung | Maßnahmen, die über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen; Benötigt wird ein einfacher Mehrheitsbeschluss (ausgenommen sind privilegierte Maßnahmen), der jedoch bei grundlegender Veränderung der Wohnanlage oder unbilliger Benachteiligung von Miteigentümer:innen anfechtbar ist |
Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen
Instandhaltungsmaßnahmen sind Arbeiten, die vorgenommen werden, um eine Immobilie im funktionsfähigen Zustand zu erhalten. Instandsetzungsmaßnahmen sind unter anderem Reparaturarbeiten, die erfolgen, wenn bereits Schäden oder Mängel am Gemeinschaftseigentum entstanden sind. Oftmals wird für die Kosten von anfallenden Instandhaltungsmaßnahmen auf die Instandhaltungsrücklage zurückgegriffen.
Modernisierende Instandhaltungsmaßnahmen
Modernisierende Instandhaltungsmaßnahmen sind unter anderem Reparaturen, die vorgenommen werden, um Anlagen in der Immobilie auf einen technisch aktuellen Stand zu bringen. Den Unterschied zwischen der modernisierenden Instandhaltungsmaßnahme und der baulichen Veränderung zu definieren, kann schwierig sein und ist generell höchst individuell. Daher ist es stets ratsam, sich von einem Rechtsexperten beraten zu lassen.
Modernisierung
Die Modernisierung stellt immer eine Verbesserung des technischen Zustandes und damit die Wertsteigerung eines Hauses oder einer einzelnen Wohnung dar. Dabei zielen die Eigentümer:innen zumeist auf eine Senkung der zukünftigen Kosten für Gas, Wasser und/oder Strom sowie eine Steigerung der Mietzahlungen. Im Gegensatz zu den modernisierenden Instandhaltungsmaßnahmen besteht hier kein Handlungsbedarf.
Bauliche Veränderungen
Um bauliche Veränderungen handelt es sich, wenn eine Immobilie dauerhaft verändert wird. Oftmals ist hiermit das Erscheinungsbild der Immobilie gemeint oder das Bauen von Garagen, Aufzügen, o.ä. Damit eine bauliche Maßnahme rechtens ist, bedarf es stets einen Beschluss, der in einer Eigentümerversammlung getroffen wurde. Wenn eine bauliche Veränderung eine andere Miteigentümer:in möglicherweise beeinträchtigen könnte, dann muss diese ausdrücklich der Maßnahme zustimmen.
Fazit – Bauliche Veränderungen in Eigentümergemeinschaften
Bauliche Veränderungen können schnell zur komplexen Angelegenheit werden. Beginnend damit, dass die Differenz zwischen baulichen Veränderungen und anderen Maßnahmen manchmal schwierig zu erkennen ist. Auch die Durchsetzung von baulichen Veränderungen kann sich manchmal als komplizierter als gedacht erweisen, vor allem wenn es zu dem Punkt der Kostenverteilung geht. Daher ist es stets empfehlenswert sich als Eigentümer:in vorher genau mit der Thematik auseinanderzusetzen, um gut informiert in den Prozess der baulichen Veränderungen einsteigen zu können.
FAQs
Bauliche Veränderungen sind gemäß § 20 Abs. 1 WEG definiert. Solche Veränderungen beschreiben Maßnahmen, die über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen. Bauliche Veränderungen werden in drei verschiedene Kategorien unterteilt: Die energetischen Sanierungsmaßnahmen, die privilegierten Maßnahmen und Substanzeingriffe in die Immobilie.
Nein. Laut § 20 WEG gilt, dass jede bauliche Veränderung in einer Eigentümerversammlung per Beschluss festgehalten werden, bevor sie umgesetzt werden darf.
Ja. Beschlüsse zu baulichen Veränderungen, die in einer Eigentümerversammlung (kurz ETV) getroffen wurden, können angefochten werden. Dafür müssen eine oder beide der Kriterien erfüllt werden: Durch die Maßnahme kommt es zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage oder Eigentümer:innen würden durch die Maßnahme unbillig benachteiligt werden.
Generell gilt zunächst, dass die Kosten einer baulichen Veränderung von der Eigentümer:in getragen werden muss, die die Maßnahme beantragt hat (§ 21 Abs. 1 WEG). Gemäß Absatz 2 kann aber auch der Fall eintreten, dass alle Eigentümer:innen anteilig die Kosten mittragen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn auch alle Eigentümer:innen die Änderung benutzen könnten.