Lebenslanges Wohnrecht: Wann ist das sinnvoll?

Von einem lebenslangen Wohnrecht wird gesprochen, wenn einer Person ein lebenslanges Recht gegeben wird, in einer bestimmten Immobilie zu leben. Davon wird oft Gebrauch gemacht, wenn etwa eine Immobilie zu Lebzeiten an die Erb:innen verschenkt werden soll, die Schenkenden aber weiterhin in der Immobilie leben möchten.

Dieser Ratgeber ist ein Leitfaden, um zu verstehen, was es im Detail mit dem Wohnrecht auf Lebenszeit auf sich hat, was aus rechtlicher Sicht beachtet werden muss, welche Kosten entstehen und welche Auswirkungen ein solches Wohnrecht auf den Immobilienwert hat.

  • Das Wohnrecht erlischt, wenn vertraglich nicht anders vereinbart, nur mit dem Tod der Wohnberechtigten oder wenn diese das Wohnrecht freiwillig abtritt.
  • Ein Wohnrecht muss nicht zwingend in das Grundbuch eingetragen werden. Damit das Wohnrecht rechtswirksam ist, muss jedoch ein Vertrag aufgesetzt werden, der notariell zu beurkundet ist.
  • Sämtliche Verbrauchskosten wie Strom, Heizung und Warmwasser sowie Schönheits- oder Kleinreparaturen müssen von der Wohnberechtigten gezahlt, Instandhaltungskosten, abgesehen von Reparaturen, werden von der Eigentümer:in getragen werden.

Grundlagen: Wohnrecht auf Lebenszeit

Bei dem Wohnrecht auf Lebenszeit wird einer bestimmten Partei das Recht eingeräumt, bis zu ihrem Lebensende in der Immobilie mietfrei zu wohnen. Das Wohnrecht erlischt nur mit dem Tod der Wohnberechtigten oder wenn diese es vor ihrem Tod vertraglich abtritt. Das bedeutet, dass selbst bei einem Weiterverkauf der Immobilie das Wohnrecht weiterhin bestehen.

Das Wohnrecht beruht entweder auf § 1093 BGB (Wohnungsrecht) oder § 1090 BGB (Wohnrecht), wobei letzteres als Wohn- und Mitbenutzungsrecht gilt. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass § 1093 BGB eine Alleinnutzung der Immobilie vorschreibt und § 1090 BGB den neuen Eigentümer:innen erlaubt, die Immobilie mitzubenutzen.

Gründe und Nutzen eines Wohnrechts auf Lebenszeit

Warum entscheiden sich Eigentümer:innen für das Wohnrecht auf Lebenszeit? Dafür gibt es in der Regel drei gängige Fälle:

  1. Wohnrecht für die Lebenspartner:in der Eigentümer:in: Die Eigentümer:in einer Immobilie beabsichtigt, ihrer Lebenspartner:in eine rechtliche Absicherung zu geben, die auch nach dem Tod der Eigentümer:in besteht. Wenn die Immobilie an die Nachfahren vererbt wird, gilt das Wohnrecht der Lebenspartner:in in der Immobilie weiterhin.
  2. Wohnrecht für die Eigentümer:in bei Schenkung: Wenn Eigentümer:innen ihre Immobilie zu Lebenszeit bereits an ihre Erb:innen übertragen wollen, selbst aber noch dort wohnen bleiben möchten, lassen sie sich bei der Schenkung ein Wohnrecht auf Lebenszeit eintragen. Damit gehört die Immobilie bereits offiziell den Erb:innen, doch die Eigentümer:innen haben das Recht, bis zu ihrem Lebensende in der Immobilie wohnen zu bleiben.
  3. Wohnrecht für die Eigentümer:in bei Verkauf: Besonders im Rentenalter, wenn die Immobilie lange eine sichere Wertanlage und zusätzliche finanzielle Absicherung war, entscheiden sich viele Immobilienbesitzer:innen die Liegenschaft zu verkaufen, um Gelder freizusetzen. Wenn sie aber nicht ausziehen wollen, können sie die Immobilie unter der Bedingung eines lebenslangen Wohnrechts verkaufen. Dies ist in der Regel bei sogenannten Leibrenten oder Teilverkäufen ein gängiges Verfahren. Der Immobilienwert nimmt dann entsprechend ab, was für potenzielle Käufer:innen interessant sein kann. Alternativ hierzu kann auch mit einem Nießbrauchrecht gearbeitet werden.

Rechte und Pflichten aus einem Wohnrecht

Bei einem Wohnrecht auf Lebenszeit fragen sich Eigentümer:innen und Wohnberechtigte schnell, wofür welche der beiden Parteien eigentlich verpflichtet ist.

Nebenkosten- und Instandhaltungszahlungen bei bestehendem Wohnrecht

Die Nebenkostenzahlungen muss die Wohnberechtigte tragen. Das bedeutet, dass sämtliche Verbrauchskosten wie Strom, Heizung und Warmwasser von der Wohnberechtigten gezahlt werden müssen. Auch Schönheits- oder Kleinreparaturen muss die Wohnberechtigte zahlen.

Wie in einem klassischen Mietverhältnis, ist jedoch die Vermieter:in für die Kosten von Sanierungen- oder auch energetischen Modernisierungsmaßnahmen verantwortlich.

Wichtig: Bei energetischen Sanierungen, Umbauten oder Modernisierungen muss der Wohnberechtigte den Arbeiten vorher zustimmen. Hier ist, wie auch bei regulären Mietverträgen, eine Modernisierungsankündigung vor Beginn der Arbeiten auszustellen.

Unterschiede Wohnrecht & Wohnungsrecht

Bei einem Wohnrecht auf Lebenszeit ist es wichtig zu wissen, auf welcher Grundlage das Wohnrecht besteht, ob es sich also ausschließlich um ein Wohnrecht (§ 1090 BGB) oder um ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) handelt. In beiden Fällen handelt es sich um ein Gebrauchsrecht, welches das Nutzungsrecht beinhaltet. Bei dem Wohnungsrecht ist auch noch das Aufnahmerecht enthalten.

Das Nutzungsrecht besagt, dass der Wohnberechtigte die gesamten oder vertraglich festgelegten Teile der Immobilie benutzen darf. Das Aufnahmerecht ermöglicht es den Wohnberechtigten, Familienmitglieder oder auch Pflegekräfte in die Immobilie mit aufzunehmen.

Die Eigentümer:in hat in keinem Fall ein Besichtigungsrecht und darf die Immobilie nur dann inspizieren, wenn ein Verdacht auf Gefahr besteht oder diese im Vorfeld mit der Wohnberechtigten abgestimmt wurde.

Unterschied zum Nießbrauch

Das Nießbrauchrecht wird oft dann eingesetzt, wenn die Immobilie Teilverkauf werden soll. Die Eigentümer:in verkauft hierbei die Immobilie, räumt sich aber ein Nießbrauchrecht für die gesamte Immobilie ein. Dadurch kann die Verkäufer:in nicht nur in der Immobilie wohnen bleiben, sondern kann sie zum Beispiel auch an Dritte vermieten. Das ist für Wohnberechtigte nicht möglich.

Das Nießbrauchrecht erlaubt Personen, eine Immobilie zu bewohnen, sie zu vermieten und damit auch Mieteinnahmen der Immobilie einzubehalten. Instandhaltungskosten werden von der Nießbrauchberechtigten getragen, wobei dieser auch eine Beteiligung der Eigentümer:innen einfordern darf.

Entstehung des Wohnrechts durch Eintragung

Ein Wohnrecht entsteht durch eine vertragliche, notariell beurkundete Vereinbarung. Ein Grundbucheintrag ist nicht zwingend notwendig. Wenn die Parteien also versuchen wollen, etwas Geld zu sparen, können sie auf die Eintragung im Grundbuch verzichten. Wenn sich gegen die Eintragung im Grundbuch entschieden wird, sollte der Wohnberechtigte darauf achten, eine schriftliche Bestätigung der Abmachung zu erhalten und diese sicher aufzubewahren.

Vertragliche Regelungen

In der vertraglichen Vereinbarung werden (und müssen) sämtliche Regelungen bzgl. des Wohnrechts festgehalten. Das umfasst:

  • Bis wann das Wohnrecht gilt: Das kann zum Beispiel bis zum Tod, aber auch bis zum Auszug der Wohnberechtigten sein. Wenn die Wohnberechtigung bis zum Tod gilt, kann die Wohnberechtigte zum Beispiel bei einem vorübergehenden Auszug Familienmitglieder in der Immobilie wohnen lassen, bis sie wieder zurückkehrt.
  • Wen das Wohnrecht betrifft: Wohnberechtigte können darauf achten, dass das Wohnrecht auch für die Lebenspartner:in gilt, auch nachdem die eigentliche Wohnberechtigte verstorben ist.
  • Nutzungsrechte definieren: Im Vertrag sollte definiert werden, für welche Bereiche der Immobilie ein Nutzungsrecht besteht.
  • Kostenübernahmen festlegen: Wohnberechtigte können mit den neuen Eigentümer:innen auch Abweichungen zu den generellen Regelungen bzgl. Kostenübernahmen von Nebenkosten o.ä. treffen. Damit diese gültig sind, müssen sie vertraglich festgehalten werden.

Die vertraglichen Regelungen sollten sorgfältig bedacht und geprüft werden, damit es später zu keinen Uneinigkeiten oder möglichen Auseinandersetzungen kommt.

Wert eines Wohnrechts berechnen

Grundsätzlich hat auch ein Wohnrecht einen Gegenwert. Dieser basiert für die Wohnberechtigte in der eingesparten Miete bis zum Ende des Rechts oder ihrem Tod. Dieser Wert des Wohnrechts ist dabei auch für das Finanzamt von Interesse, wenn es um die Versteuerung geht.

Wichtig: Die Berechnung muss von einem Notar durchgeführt werden.

Die Berechnung des Wohnwerts lässt sich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§ 14 BewG und § 198 BewG) ermitteln. Hierfür wird ein offizielles Wertgutachten der Immobilie benötigt, damit im nächsten Schritt der Jahreswert des Wohnrechts ermittelt werden kann. Der Jahreswert gibt Auskunft darüber, wie hoch die Mieteinnahmen der Immobilie wären.

Der ermittelte Jahreswert wird dann mit einem sogenannten Vervielfältiger (Kapitalwertfaktor) multipliziert. Dieser Vervielfältiger wird der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes entnommen, die vom Bundesministerium der Finanzen bereitgestellt wird.

Basierend auf dem Wert des Wohnrechts ermittelt das Finanzamt im Anschluss die Höhe der ggf. zu leistenden Steuern.

Dauer des Wohnrechts

Bei einem Wohnrecht auf Lebenszeit wird oft angenommen, dass das Wohnrecht bis zum Lebensende der Wohnberechtigten gilt. Das muss jedoch nicht sein. Vertraglich können Abweichungen vereinbart werden:

Lebenslanges Wohnrecht wieder entziehen

Ein Wohnrecht zu entziehen, ist nur möglich, wenn die Wohnberechtigten zustimmen. Die Eigentümer:in kann der Wohnberechtigten eine Abfindungszahlung für die Aufhebung des Wohnrechts anbieten. Es ist aber immer die Entscheidung der Wohnberechtigten, ob sie dem zustimmen wollen oder nicht.

Eine Ausnahme kann bei bestimmten vertraglichen Vereinbarungen bestehen. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn sich beide Parteien bei Vertragsunterschrift schriftlich darauf geeinigt haben, dass das Wohnrecht erlischt, wenn die Wohnberechtigte ausziehen sollte.

Bestehen des Wohnrechts auch, wenn Berechtigte dies nicht nutzen kann

Wenn es keine vertraglichen Vereinbarungen gibt, dass das Wohnrecht bei Umzug erlischt, bleibt es auch bei dem Umzug bestehen. So auch dann, wenn die Wohnberechtigte aus Altersgründen oder auf persönlichen Wunsch in eine Seniorenresidenz zieht.

Nur wenn eine Rückkehr in die Immobilie absolut ausgeschlossen ist, erlischt das Wohnrecht. Solche Fälle kommen aber nur selten vor und können dann vorliegen, wenn eine Berechtigte aus medizinischen Gründen dauerhaft auf apparative Versorgung angewiesen ist, die in der Immobilie nicht umsetzbar wäre. Hier ist jedoch immer im Einzelfall zu prüfen, ob eine Rückkehr in die Wohnung oder Immobilie wirklich ausgeschlossen werden kann.

Einfluss auf den Immobilienwert

Ein Wohnrecht auf Lebenszeit wirkt sich auf den Immobilienwert aus. Das liegt daran, dass Eigentümer:innen die Immobilie in der Regel nicht gesichert, dauerhaft vermieten und nicht selbst bewohnen können. Der Immobilienwert errechnet sich bei einem lebenslangen Wohnrecht aus dem Wohnrechtswert und dem Marktwert:

Marktwert – Wohnrechtswert = angepasster Verkaufswert

Beispielrechnung: Eine Immobilie hat einen Marktwert von 200.000 €. Bei einem Mann, der 70 Jahre alt ist und dessen Monatskaltmiete 800 € beträgt, würde der Wohnrechtswert bei 94.637 € liegen.

200.000 € – 94.637 € = 105.363 € Der angepasste Verkaufswert würde damit bei 105.363 € liegen.

Steuerliche Betrachtung

Einige Eigentümer:innen verschenken ihre Immobilie und räumen sich ein Wohnrecht ein, um so die Erbschaftssteuer zu umgehen. Bei einer Schenkung fällt zwar eine Schenkungssteuer an, es gibt aber Freibeträge, die von Eigentümer:innen genutzt werden können.

Alle zehn Jahre kann von den Freibeträgen für Schenkungen Gebrauch gemacht werden. Außerdem kann ein eingetragenes Wohnrecht auf Lebenszeit dabei helfen, den Marktwert der Immobilie zu verringern, um die Freibeträge nicht zu überschreiten.

Fazit – Lebenslanges Wohnrecht

Das Wohnrecht auf Lebenszeit ist für Eigentümer:innen eine vielversprechende Möglichkeit, um hohe Erbschaftssteuern für Erb:innen zu umgehen oder um den Immobilienwert durch einen Verkauf zu liquidieren, ohne ausziehen zu müssen. Das Wohnrecht auf Lebenszeit muss zwar nicht im Grundbuch eingetragen werden, es muss aber, um rechtlich bindend zu sein, in einem notariell beurkundeten Vertrag festgehalten werden. In diesem Vertrag ist es wichtig, sämtliche Rechte und Pflichten der Wohnberechtigten und der Eigentümer:in klar festzulegen, damit es später zu keinen Auseinandersetzungen kommt.

FAQ

Hinweis: Unsere Beiträge und Inhalte stellen keine rechtliche Beratung dar und ersetzen keine Rechtsberatung durch entsprechende Fachanwälte. Sollten konkrete rechtliche Probleme bestehen empfehlen wir immer die Beratung durch einen fachkundigen Anwalt.

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Felix Ritschel

Felix Ritschel ist ein erfahrener Experte im Bereich der Immobilienwirtschaft und Growth Manager der Erste Hausverwaltung GmbH. Durch seine Erfahrung in verschiedenen Bereichen der Immobilienbrachen bringt Felix fundiertes Wissen und praktische Erfahrungen ein.

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